Hans Kammerlander

EINE SEELE VON BERGSTEIGER

Er bestieg mit Reinhold Messner sieben Achttausender, fuhr als erster Mensch nach der Allein-Besteigung des Mount Everest mit Skiern hinunter. Kletterstar und Bergsteiger-Legende Hans Kammerlander. Wir treffen ihn in seinem Büro in Taufers im Ahrntal und begegnen einem Menschen, der eine stoische Ruhe ausstrahlt, bei dem man den Respekt vor Leben und Tod förmlich spürt. So ruhig, wie er sich am Berg bewegt, wählt er seine Worte, bedächtig, fast leise, Ehrfucht und Demut schwingt in seinen Worten stets mit.

Kammerlander: Ich mag keine Schablonen. Mir gefällt der Buddhismus, der niemandem seinen Glauben aufzwingt. Der Dalai Lama hat mich in meinen persönlichen Begegnungen sehr beeindruckt, der Respekt vor allen Menschen. Auch die Gelassenheit, mit welcher man Katastrophen wie das Erdbeben vor wenigen Jahren in Nepal annimmt, als die Berghäuser, aufgebaut aus losen Steinen, wegen des Erdbebens einfach einstürzen. Das habe ich von den Nepali gelernt. Egal, was passiert, die Menschen nehmen es an, trauern kurz und gehen weiter. Das ist ein ganz anderer Umgang mit dem Schicksal, auch mit dem Tod.

Leben & Tod

Das hat mir in meinem bewegten Leben geholfen, scheinbar unerträgliche Geschehnisse, wie den Tod vieler meiner Seilkameraden, zu akzeptieren. Das ist die Botschaft meines Filmes, Manaslu (Berg der Seelen). Da hatte ich 1992 innert weniger Stunden zwei meiner Freunde und Seilkameraden verloren. Friedl Mutschlechner drehte aufgrund der schwierigen Verhältnisse zuerst um. Dann Carlo Großrubatscher, dann ich. Zurück im Zelt, fehlte Carlo. Wir fanden ihn 150m unterhalb des Zeltes. Im Nebel lag ein elektrisches Summen in der Luft – und gleich darauf traf der Blitz meinen Freund Friedl mitten in den Kopf. Ich war nur wenige Meter entfernt, zusammengekauert, das war mein Glück. Natürlich stellt man sich die Frage, wieso ich lebe, mein Freund nicht.
Und da hilft die Annahme des Schicksals. Mit dem Film will ich zeigen, dass jeder seinen Weg zu Ende gehen soll, unabhängig von Schrecken und Wirren, die uns Allen das Leben entgegenbringt. Am Ende bleibt uns nur Demut – auch dies führen einen die höchsten Berge der Welt vor Augen.
Durch die Erlebnisse habe ich jede Angst vor dem Tod komplett verloren. Am K2 (8611m) stand ich mit einem Franzosen am Fuss einer Wand, als sich über uns eine Eislawine löste. Es gab kein Entkommen mehr. Ich war sicher, das wars jetzt. Der Moment war unbeschreiblich intensiv, da waren aber keine Schmerzen, keine Angst. Eigentlich befreit dieses Gefühl das Leben, wenn man weiss, dass der Tod leise und ohne Schrecken daherkommt.

Berg-Ski-Sport

Das ist vielleicht nicht so bekannt. Aber die technischen Fähigkeiten, die wir Südtiroler uns in den Dolomiten angeeignet haben, sind letztlich auch ein Schlüsselfaktor bei der Besteigung der 8000er. Körperliche Fitness zB durch Bergläufe, wo ich auch immer mit vorne dabei war, und technisches Rüstzeug sparen enorm Kraft und Energie. Mit Reinhold Messner habe ich mehrere Jahre die höchsten Berge der Welt bestiegen. Er ist ja ein kein guter Skifahrer, ich aber habe bei unseren Aufstiegen immer die tollen Abfahrtslinien vor meinem geistigen Auge gesehen. Schliesslich habe ich begonnen, einen leichten Spezial-Karbon-Wabenski von Atomic mit hoch zu schleppen. Bei aufkommenden Unwettern bist Du in kürzester Zeit im Basislager, wo du zu Fuss sonst oben festhängst.
Höhepunkt des Skibergsteigens war sicher die Erstbefahrung des Mount Everest 1996. Ich hatte nur das Allernötigste mit dabei, einen kleinen Rucksack, nur einen Liter Tee, nichts zu essen (was ein Fehler war), habe in bis heute gültiger Rekordzeit die Nordseite bestiegen. Da oben zu stehen, mit den Skiern, dem Abgrund vor mir, der mich förmlich in die Tiefe zog, ist ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.

Partner

Montura oder Lowa sind für mich vorbildliche Partner. Haben zum Beispiel nach dem Erdbeben viele Wiederaufbauprojekte wie zB von Schulen unterstützt – und zwar ohne damit auf mediale Werbetour zu gehen. Der Chef von Montura sagte noch zu mir explizit «senza stampa», ohne Presse, einfach so, aus sozialem Gewissen. Und hier geht’s gut, denen dort weniger. Also lasst uns was bewegen. Das sind für mich tolle Partner.
(Bem.: HK unterstützt seit 25 Jahren Schulprojekte in Nepal!)

Glück

Aufgewachsen bin ich auf dem Bauernhof, ohne Strom, Wasser von der Quelle. Unser Vater hat die Skier noch aus der Tanne rausgehobelt. Das erste Mal bin ich als 8-Jähriger Touristen nachgestiegen, am Ende stand ich auf dem Großen Moosstock (3059m). Mit 17 Jahren habe ich die Matterhorn Nordwand durchstiegen. Ich nenne dies das Gipfel-Glück. Wenn man da oben ist, vereint sich Stille und Glück. Mit 21 war ich diplomierter Berg- und Skiführer. Mit 26 war ich auf dem ersten 8000er. Aus dem Gipfel-Glück wurde dann der professionelle Gipfel-Erfolg. Jetzt, wo ich im Alter die Dinge gelassener sehe, gehe ich wieder einen Schritt zurück zum Gipfel-Glück.

  • Reinhold Messner und Hans Kammerlander
  • Als erstem Bergsteiger der Welt gelang Hans Kammerlander eine der beiden Versionen der Seven Second Summits, also der jeweils zweithöchsten Berge aller sieben Kontinente.
  • Kammerlander absolvierte bis heute rund 3500 Kletter- und Bergtouren auf der ganzen Welt, darunter 50 Erstbegehungen. Es gelangen ihm über 60 Alleinbegehungen im VI. Schwierigkeitsgrad, beispielsweise an den Drei Zinnen, der Civetta, der Marmolada, in der Sella-Gruppe und am Heilig Kreuzkofel.
  • In der Biografie von Hans Kammerlander stehen mehr als 2500 Klettertouren, rund 50 Erstbegehungen und 60 Alleinbegehungen großer Alpenwände. Er bestieg zwölf der vierzehn Achttausender. Sieben davon an der Seite von Reinhold Messner.
  • Hans Kammerlander Schule
  • Hans Kammerlander

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BÜRO HANS KAMMERLANDER
39032 SAND IN TAUFERS | SÜDTIROL | ITALIEN

Daniel Chardon
Daniel Chardon


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