Klubhaus StPauli Hamburg

Bartenbach – Lichtwelten

In Aldrans, nahe Innsbruck, ist eine Firma zu Hause, die sich durch unkonventionelle Ideen und Innovation auszeichnet.   Eher Insidern aus dem Architektur- und Designbereich bekannt, treffen wir, ohne es zu wissen, auf die „erleuchtenden“ Errungenschaften der Firma Bartenbach an Flughäfen, Bahnhöfen oder Hotels. Der Hauptsitz in Aldrans ist ein kleines architektonisches Juwel, einige Büroräumlichkeiten sind spiralförmig angelegt. Fiat Lux (es werde Licht) erhält hier seine ursprünglichste Bedeutung: Nicht Licht im Kontrast zur Dunkelheit, sondern als Basis für visuelle Wahrnehmung – in all seinen Formen und Einsatzgebieten. 

Christian Bartenbach
Christian Bartenbach

Bartenbach Senior – der Lichtpapst

Bartenbach hat sich vor Jahrzehnten zum Lichtlabor umbenannt. Bartenbach senior, der „Lichtpapst“, hat sich nie mit der konventionellen Betrachtung des Lichts zufriedengegeben. Sein Sohn Christian, dessen Weg ursprünglich in andere Richtungen führte, leitet heute die Firma. „Auch heute noch ist die Lichtplanung ein Mauerblümchen in der Welt der Architektur. Dabei sollte die Lichtplanung schon zu Beginn Einfluss nehmen auf die Gestaltung eines Gebäudes,“ sagt Christian Bartenbach.

Von Mekka nach St. Pauli

Dem zugrunde liegt nach 40 Jahren Forschung und Entwicklung die Erkenntnis, dass der Mensch ein Lichtwesen ist: Licht prägt den Lebensrhythmus, beeinflusst seine Stimmung und seine Leistungsfähigkeit. Das ganz Entscheidende ist dabei nicht nur die Kunstlicht-, sondern auch die Tageslichtplanung. Das ideale Gebäude ist so klug mit Tageslicht „geflutet“, dass dieses nicht blendet und eine Kunstbeleuchtung so gut wie überflüssig macht – und zwar bis in die Tiefen des Kellers. An vielen Objekten hat Bartenbach das Potential von Lichtplanung eindrucksvoll demonstriert. Dazu gehören etwa die Dresdner Bank in Frankfurt, der Flughafen von Singapur, die Medina in Mekka, das Clubhaus St. Pauli in Hamburg. Die Konzepte richten sich dabei nach den lokalen Bedürfnissen bis hin zur Individualisierung des einzelnen Arbeitsplatzes, da man heute aus der Lichtforschung weiss, dass Menschen individuell auf Licht reagieren. Allen gemeinsam ist die Notwendigkeit, dass der Mensch seine Tageslicht-Ration benötigt.

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Interdisziplinäre Lichtforschung

Alle Erkenntnisse fliessen hier, in Aldrans bei Innsbruck in der Lichtwelt am Hauptsitz von Bartenbach zusammen, an welchem knapp 100 Mitarbeiter tüfteln, forschen und auch eigene Leuchten entwickeln. Vom Feinmechaniker über Psychologen, Physiker bis zum Mathematiker und Planer findet sich hier ein breites Spektrum von Wissenden, welche interdisziplinär zusammenarbeiten.

Bartenbach Lichtforschung
Bartenbach Lichtforschung

Der künstliche Himmel

Ein eigener künstlicher Himmel, der die umgehende Sonne nachahmt, ermöglicht die Simulation des Tageslichts, mit einer Stärke von 100’000 Lux. Aber nicht nur Architekten und Bauherren nutzen die Dienstleistung von Bartenbach, auch die Automobilindustrie nutzt die Erkenntnisse zur biologischen und visuellen Wahrnehmung von Licht. Diese hat letztlich einen enorm hohen Einfluss auf das Wohlgefühl in Räumen (oder Automobilen).

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  • Bartenbach Academy

Weltweite Lichtprojektierung…

Bartenbach: „In der Lichtwirkungsforschung sind wir international sehr gut mit Wissenschaftlern vernetzt. Wir kümmern uns um die psycho-physiologische Wirkungen. Das geht von Gaggenau-Weinkühlern über BASF-Tageslichtfoilen bis hin zur Automobilindustrie, wo beim autonomen Fahren der Fahrgast durch eine neue biologisch-dynamische Innenraumbeleuchtung aktiviert wird. Da wirken wir beratend und führen Anwendungsstudien durch.

Neben Grossprojekten wie Kirchen, Hotels, Museen und Eventhallen, die froh sind, wenn wir Ihnen die Komplexität der Lichtplanung abnehmen, führen wir auch für private Bauherren kleinere Projekte durch, wo wir Applikationen aus der eigenen Manufaktur testen, fertigen und entwickeln. 

…vom LED bis zur Stadionbeleuchtung

2007 kam die LED Technologie auf, da haben wir und unsere Industriepartner neue Lösungen entwickelt. Das Anwendungsgebiet geht vom Mini-LED-Spot (8mm Lichtaustrittsöffnung) mit kleinsten Facettierungen, der sehr gezielt wirkt bis hin zur Sportstättenbeleuchtung, wo es um die Reduzierung der Lichtverschmutzung (unnötige Abstrahlung in den Nachthimmel) geht.

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Der Mensch – ein Lichtwesen

Zentral für unsere Forschung ist das Thema Mensch als Lichtwesen. Die Sonne ist ein perfektes Leuchtmittel. Tageslicht ist kaum durch Kunstlicht zu ersetzen. D.h. die Tageslichtplanung sollte in der Architektur mehr Bedeutung erhalten. Im Idealfall werden wir bei Grossprojekten, wie den 4 Towers in Frankfurt, von Beginn an in die Architekturplanung einbezogen. Dann muss man hinterher weniger Korrekturen vornehmen. Wir arbeiten mit Lichtsimulationen, unserem künstlichen Himmel, Sonnenstandsdiagrammen. Es gibt heute vielfältige Methoden, das Sonnen- und Tageslicht so einfallen zu lassen, dass es eben nicht blendet, sondern den Raum so erhellt, dass nur abends Kunstlicht zum Einsatz kommt. Das geschieht z.B. über Lamellen und Reflektoren. In grossen Gebäuden schaffen wir eigentliche Lichtkanäle, so dass Tageslicht in die hintersten und tiefsten Ecken eines Gebäudes eindringt. Das wirkt sich direkt auf die langfristige Leistungsfähigkeit und die Gesundheit von Mitarbeitern aus. 

Tag-Nacht-Lichtrhythmus

Es gilt den zirkadianen Rhythmus zu berücksichtigen, d.h. man hat herausgefunden, dass der Mensch, zurückzuführen auf seinen Ursprung, dem Leben in Höhlen (Feuerlicht), abends grundsätzlich Rotlichtöne als angenehmer empfindet. Früher ist man davon ausgegangen, dass in Spitälern die Mitarbeiter mit einer hellen um nicht zu sagen grellen Weissbeleuchtung wachgehalten werden müssen. Inzwischen weiss man, dass dies die Gesundheit negativ beeinflusst. Wir haben nun Leuchten entwickelt, die abends in einen wärmeren Gelblichtton übergehen, sich im Laufe des Tages an das Lichtumfeld anpassen. Bewusst nehmen wir den Unterschied kaum wahr, aber unser Unterbewusstsein sehr wohl. Solche Erkenntnisse sind auf viele Lebens- und Arbeitssituationen übertragbar.

Bartenbach Lichtwelt Whiteroom
Bartenbach Lichtwelt Whiteroom

Zudem weiss man, dass sich im Laufe des Lebens die Augenlinse eines Menschen verschlechtert. Die Farbwahrnehmung verändert sich. Ein 50-Jähriger braucht für die Ausleuchtung eines Arbeitsplatzes doppelt so hohe Lichtintensitäten wie ein 25-Jähriger.

Wenn wir die Tricks der menschlichen Wahrnehmung kennen, können wir auch unterirdische Räume derart gestalten, dass sie eine tageslichtähnliche Wahrnehmung ermöglichen. 

Komplexe Projekte

Der Flughafen von Singapur war eines der komplexeren Projekte, da hier viele Herausforderungen aufeinander trafen wie z.B.  eine senkrecht stehende Sonne im tropischen Klima. Wir haben ein ausgeklügeltes Dachsystem mit Sonnenschutz- und Lichtlenkelementen entwickelt, die das Tageslicht hereinlassen, aber die Hitze aussperren. 919 Lichtschächte mit je zwei perforierten, computergesteuert schwenkbaren Paneelen, genannt Butterflies, erledigen diese Arbeit. Die notwendige Nachtbeleuchtung wurde ausserhalb der Halle angebracht und nutzt dasselbe Lichtlenkungssystem. Damit bleibt die Wärme der Strahler draussen, was die Klimaanlage entlastet und den CO2 Ausstoss um 2400 Tonnen pro Jahr reduziert. 

  • Singapur Changi-Airport Inside
  • Optimierung Tageslicht
  • Komplexes System von Licht und Temperatur
  • Changi Airport by night

Eine der grössten Herausforderungen war die Beleuchtung der Turmuhr des weltgrössten Pilgerhotels (1650 Zimmer) in Mekka so zu gestalten, dass die Uhrzeit aus knapp 8 Kilometern Entfernung abzulesen ist, tagsüber wie nachts. Das Zifferblatt der weltgrössten Uhr misst 43 Meter im Durchmesser. Bewerkstelligen konnten wir dies mit 2 Millionen LED, die den Kontrast verzwanzigfachen. Tagsüber sind die LED nicht sichtbar, nachts leuchtet das Zifferblatt grün. Dieser Kontrast erzeugt die grösstmögliche Lesbarkeit auf weite Distanzen.

  • Mekka erstrahlt bei Nacht
  • Mekka-Uhr Copyright by SL-Rasch - SAUDI BIN LADIN GROUP
  • Der Bau der Royal-Clock
  • Die riesigen Uhrzeiger
  • Mekka Royal Clock Tower Hotel mit Ausblick

Wie im Falle von Mekka werden mit der LED-Technologie künftig viele Lösungen möglich, die früher undenkbar waren. Sie werden mit grösseren Mengen preiswerter, individueller steuerbar und vor allem energiesparender. Wir arbeiten da eng mit Industriepartnern, zum Beispiel Leuchtenherstellern, zusammen. Inzwischen haben wir ein gutes Dutzend eigene Optiksysteme entwickelt, die wir über Lizenznehmer global vertreiben. So reduziert sich „time to market“.

Ausgebaut wurde auch unser Partnernetzwerk. Hier kooperieren wir in verschiedenen Ländern mit Partnern, zum Beispiel Architekten, mit denen wir in enger Zusammenarbeit Projekte realisieren und die unsere konzeptuelle Herangehensweise verstehen. So können wir unser Know-how und unseren Erfahrungsschatz breiter zugänglich machen. 

  • Hyllie Metro Bahnhof in Malmö
  • Metro Bahnhof Hyllie Malmö Detail
  • St.Hedwig Kapelle
  • Yas-Island-Hotel in Abu-Dhabi
  • Yas-Island-Hotel Abu-Dhabi inside
  • Yas-Island-Hotel Abu-Dhabi farbenfroh
Daniel Chardon
Daniel Chardon

im Interview mit Christian Bartenbach

Zum Download des dt-engl. Artikels 2019:

https://chardoncom.com/2020/05/03/master-of-light/

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