Es gibt noch Fahrrad-Rahmenbauer in der Schweiz. Autodidakten, welche aus purer Passion und dem Drang zur Perfektion die Welt nach den feinsten Stahlrohren durchforsten, um daraus für ihre Kunden den perfekten Velo-Massanzug zu fertigen. Einer davon ist Beat Baumgartner von Bedovelo, in Hinterkappelen bei Bern. Für mich der Architekt unter den Velo-Künstlern.
Beat: „In Bern sind wir nicht nur urban ausgerichtet. Vor allem der Commuter-Bereich, also Bike-to-Work hat stark zugelegt. Seit 2012 bauen wir auch Dirt Jump Bike, 29er, Hard Tails, Rennvelos, neu auch Tourenvelos und CicloCross-Bikes. Letztere sind von der Geometrie leicht aufrechter als ein Rennvelo, dadurch gesünder für den Rücken und mit Reifen, die sowohl für die Strasse als auch den Feldweg geeignet sind. Also ideal für Bern und Umgebung. Finde ich ein tolles Konzept, welches die Vorteile aus verschiedenen Velo-Welten vereint.
Immer wieder versuchen wir neue Wege zu gehen: 2011 haben wir in München den Brand New Award gewonnen mit dem ersten Twin Fixie, dessen 2-Gang Tretlagerschaltung mit einem lockeren Fersenschlenker bedient werden kann.
Meine grösste Stärke ist vermutlich der Rahmenbau. Ich bin einer von vielleicht fünf, die in der Schweiz noch selber Rahmen bauen. Ich besorge mir die Stahlrohre aus Italien oder USA. Es gibt wenige weltweite Produzenten, welche die Technologie des Hochleistungsstahls beherrschen. Je mehr ich mich in das Thema vertiefte, desto komplexer wurde es. Rahmen bauen lernt einen niemand. Ich bin umhergereist und habe in vielen Ländern mit Rahmenbauern gesprochen und dann probiert und nochmals probiert. Aus einer Faszination entstand Leidenschaft und das Bestreben, für jeden Kunden massgeschneidert das Passende zu finden.
Auf unserer Messstation können wir dann alle Elemente der Rahmengeometrie individuell auf den Kunden abstimmen.
Manchmal entstehen sehr persönliche Geschichten. Ein Kunde aus St. Petersburg orderte ein sehr spezielles Velo, bei dem jedes Detail stimmen musste. Alles wurde schwarz so nachlackiert, dass jedes Ausbleichen verunmöglicht wird. Für die Auslieferung lud er uns persönlich nach St. Petersburg ein. Vor Ort bauten wir das Rad dann zusammen. Eine tolle Erfahrung.
Soeben haben wir ein Projekt von Beach Cruisern für ein Hotel in der Karibik abgeschlossen. Sie wurden aus rostfreiem INOX-Stahl gefertigt. Da gibt es auch nur ganz wenige Hersteller, die dieses Handwerk beherrschen.
Mein eigenes Lieblingsrad hat einen geschwungenen Rahmen von Reynolds, einen speziell engen Radstand. Das verrückteste ist die Lackierung, respektive eine Nano-Beflockung aus Plüsch. Dazu wird der Rahmen mit Leim bespritzt, magnetisiert. Die Plüschhärchen werden polarisiert und dann aufgespritzt. Das Tretlager stammt von Sugino, der Sattel von Kashimax aus Japan. Die sind extrem schmal und werden normalerweise für Keirin-Rennen benutzt. Nicht unbedingt alltagstauglich. Aber zum Glück sind die Geschmäcker so verschieden. Für jeden Kunden das für ihn passende Velo zu entwickeln, das ist tägliche Herausforderung und Freude zugleich.
BEDOVELO.CH, Dorfstrasse 20, 3032 Hinterkappelen, T 079 943 18 07