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Emmanuelle Moureaux – Die Farben des Lebens

Die Magie der Farben. Es gibt wenige Menschen, welche Farben im Raum in einer Art und Weise erlebbar machen, die ein Lächeln auf die Lippen und ein Glücksgefühl ins Herzen zaubern.
Emmanuelle Moureaux, eine in Tokyo lebende französische Architektin, Designerin und Künstlerin gehört definitiv dazu. Ihre Ausstellungen haben Auszeichnungen und weltweite Anerkennung gewonnen. Die Herzen der Menschen zu gewinnen, bleibt ihr aber das Wichtigste.

Emmanuelle Moureaux und Japan

Ich entdeckte Japan zuerst durch Bücher, bereits in der Highschool interessierte ich mich für japanische Literatur. Damals gab es noch kein Internet, man konnte ein Land höchstens durch das Medium Film entdecken. Ich wollte das Land mit meinen eigenen Augen entdecken und so reiste ich für eine Woche nach Tokyo. An die Ankunft in Tokyo 1995 erinnere ich mich, als ob es gestern gewesen wäre. In Tokyo Ikebukuro war ich überwältigt von den ersten Eindrücken. Da waren Tausende von Farben, die im Raum schwebten, wie dreidimensional über- und nebeneinander geschichtete Farben. Ich hatte das Gefühl, dass ich zum ersten Mal Farbe wirklich «erlebe». Das war ein extrem emotionaler Moment, in welchem ich beschloss, in Tokyo zu leben.

100 colors in Zojoji Temple, Tokyo by Emmanuelle Moureaux
100 colors in 3.3 m2 by Emmanuelle Moureaux
Zojoji Temple
AnyTokyo 2015

Ankommen

Ich fuhr nach Hause, machte meine Architekturlizenz, packte meine Koffer und zog zwei Monate später nach Tokyo! Ich hatte keinen Plan, keinerlei Kontakte, war wie ein frisch geborenes Baby, das die Welt neu kennenlernt. Erstaunt stellte ich zunächst fest, dass Farben im zeitgenössischen japanischen Design kaum eine Rolle spielten. Im traditionellen Japan, zum Beispiel im Kimono, hingegen sehr wohl.
Die ersten Jahre schlug ich mich mit vielen Nebenjobs durch, unterrichtete französisch, lernte japanisch, um genügend Zeit zu haben, meine eigenen Ideen zu entwickeln. Als ich dann endlich die japanische Architekturlizenz erhielt und 2003 mein eigenes Architektur- und Designstudio eröffnete, hatte ich mich entschieden, dass ich bei allem was ich tue, Farbe als bewusstes Element nutzen würde. Den Menschen genau jene Emotionen zu geben, welche ich bei meiner Ankunft in Tokyo verspürte.

Emmanuelle Moureaux: Raumteilung mit Farben

Dazu entwickelte ich mein Konzept von Shikiri. ‘Shikiri’ ist ein japanisches Wort, das die traditionelle japanische Papierschiebe-Trennwand beschreibt. Diese war zu dieser Zeit am Verschwinden, da sich die moderne Architektur an der westlichen Konzeption von festen Wänden orientierte. Dabei ist die Shikiri-Trennwand ein schönes Element, das den Raum auf flexible und transparente Art und Weise strukturiert.
Ich beschloss, etwas zu schaffen, um Shikiri zu erhalten. Ich wandelte das Wort “Shikiri” um ein kleines Schriftzeichen ab, welches die Bedeutung so verändert, dass aus Raumteilung “Raumteilung mit Farben” wird. Mein Shikiri-Konzept ist also vom japanischen Raumteiler, von seinen Farben, seinen Schichten und der Stadt Tokio inspiriert.
Farbe wird im Bereich der Architektur oder der Innenarchitektur nicht selten als nebensächliches Element betrachtet. Architekten entscheiden oft am Ende des Designprozesses über die Farbgebung von Böden oder Wänden. Ich beschloss, Farbe bereits zu Beginn des Designprozesses und als strukturelles dreidimensionales Element einzusetzen.

Installation: ”100 Farben Blumen"
Installation: ”100 colors flowers”
WATCH ART GRAND EXHIBITION
Sep. 28 – Oct. 13, 2019
“100 colors flowers”, byEmmanuelle Moureaux – made up of 11,500 flowers with its petals featuring 100 shades of colors welcomed visitors as they entered the first room of the exhibition, the Singapore 200th Anniversary Room.

Das Konzept der 100 Farben

Das ist weltweit ziemlich einzigartig?
(Emmanuelle Moureaux denkt nach…) Das könnte sein, ich hab nie darüber nachgedacht (lacht). Ich bin Architektin, Designerin und Künstlerin zugleich, für mich gibt es da keine Grenzen, zentrales Element in all meinen Arbeiten sind die Farben.
Zum 10-jährigen Bestehen meines Studios lud mich 2013 die City of Shinjuku zu einer Ausstellung im Shinjuku Mitsui Building ein. Da entwarf ich das Konzept von 100 Colors. Ich erinnerte mich an die Farbschichten von Tokyo und so kreierten wir mit 100 sorgfältig ausgewählten Farben eine Rauminstallation. 100 Farben kann man normalweise nicht gleichzeitig betrachten. Als wir fertig waren und den «Farbraum» betraten, fühlten wir die Farben fast körperlich, es war sehr emotional und so wurde aus einem einmaligen Event eines, das sich wiederholte.

Eine der nächsten Installationen platzierten wir in der Eingangshalle eines Wolkenkratzers in Tokyo. Tausende Menschen flanierten täglich hindurch. Ich beobachtete die Menschen: sie lächelten, tauchten in die Farbwelten ein, berührten, fühlten Farben, verweilten, mit allen Sinnen. Es tut der Seele gut. Da wusste ich, dass ich mein Ziel erreicht hatte. Die Herzen der Menschen zu berühren und ihnen einen Moment des Glücks und inneren Ruhe zu schenken.
Ich war dann selber glücklich, weitere 100 Colors-Installationen zeigen zu dürfen. Aktuell sind wir bei 100 Colors Nr. 36 angelangt. Solche Installationen sind temporär, wie Blumen, die erblühen und dann wieder verschwinden.

Glücks-Paradiese

Die Installationen schauen nach sehr viel Arbeit aus!
Ja, die grösste Installation bestand aus 168’000 Teilen… da steckt ein langer Prozess dahinter. Definition der Anzahl Farben, Entwürfe, physische Modelle, Entwicklung der Formen, deren Grösse, Abstände. Eine Firma stellt das Papier her und danach werden alle Formen ausgeschnitten. Am meisten Handarbeit beansprucht die Zusammensetzung der «Farblinien». Jede Form muss einzeln an einem Faden befestigt werden, natürlich in genau definierter Abfolge – und in perfekter millimetergenauen Arbeit! Das dauert Monate in der Vorbereitung und Wochen für die Installation, mit bis zu 300 Freiwilligen.

Emmanuelle Moureaux kreiert kleine Glücks-Paradiese?
Das ist ein nettes Wort (lacht). Für mich ist es ein Ausdruck meiner eigenen inneren Freude und wenn es die Menschen glücklich macht und zum Lächeln bringt, ist es wunderbar. Ich bekomme dadurch viel positive Energie von den Menschen, die Installationen beanspruchen aber auch viel Energie meinerseits. Aber es ist aufregend und inspirierend, weshalb ich weitere Ausstellungen in weiteren Städten dieser Welt zeigen möchte.

emmanuellemoureaux.com
Tokyo | Japan

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