Bergvisionen – Messner Mountain Museums

Der weltbekannte Bergsteiger und Alpinismus-Rebell über Demut und Respekt

Reinhold Messner – dieser Name ist mit vielen Bildern und Geschichten verbunden. Erstbesteigung Mt. Everest ohne Sauerstoff – 1980 im Alleingang. Erster Mensch, der alle 14 Achttausender bestiegen hat (1986). Erster überall – ein Ausserirdischer? Mitnichten, hemdsärmelig in seiner bunten Jacke, fast andächtig und ruhig im Ton, sitzt er an einem schönen Frühlingsabend vor mir. Erst mit dem Beschrieb der in den Weg gelegten Steine kommt der innere Vulkan, der ihn antreibt, zum Sprühen, sich ausdrückend in blitzwachen funkelnden Augen.

  • Reinhold Messner - Gründer der Messner Mountain Museums (MMM)
  • REINHOLD MESSNER-PORTRAIT
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Die letzten 15 Jahre hat er wieder einmal bewerkstelligt, was Viele für unmöglich gehalten hätten. Sein ganzes privates Vermögen riskierend, hat er ein Netz von sechs – privatwirtschaftlich ohne Subventionen betriebenen – Museen gesponnen, meist in verfallenen, aus dem Dornröschenschlaf wachgeküssten Burgen und Schlössern, alle dem Zweck dienend, die Beziehung zwischen Berg und Mensch auch denjenigen Menschen näherzubringen, welche vielleicht nur den Quartiershügel bewältigen.

Mit dem Thema Berg die Menschen berühren

Und wieder einmal hat sich das Risiko bezahlt gemacht. Die Menschen strömen begeistert aus dem Museum, in diesem Fall Firmian, nahe Bozen. Während unseres Gesprächs immer wieder Leute, die ihn um ein Autogramm bitten, ein Foto ma­chen. Geduldig nimmt er sich für Alle Zeit. Ältere Damen danken es ihm mit einer liebevollen Fast-Umarmung, schenken ihm ein Lächeln und man erlebt Reinhold Messner – in Demut. „Liebe ist der falsche Ausdruck, das ist einfach Respekt.“
Der Rebell, der immer das Archaische und Anarchische in der Natur gesucht hat, ist berührt, wenn er mit „seinen“ Bergen die Menschen berühren kann. Messner ist ein Geschichtenerzähler – und genau dies tun die Museen in ihrer jeweils ganz eigenen Formen-Sprache.
„Ich gebe den Menschen Emotionen mit zum Thema Berg-Mensch, es geht nicht ums Verstehen. Es gibt kein richtig-falsch, keine Moral, ich versuche das Thema Berg-Mensch aus allen Perspektiven zu beleuchten. Am liebsten ist mir, wenn die Menschen sich nach dem Besuch hier selber weiter mit dem Thema beschäftigen. Zwar dauert ein vollständiger Rundgang durch Firmian drei Stunden. Trotzdem kann ich in diesen drei Stunden Themen nur anreissen. Die Museen sollen die Menschen inspirieren, zu eigenen Überlegungen, zur Aktion oder zur Musse.“

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Ein Geschenk aus Leidenschaft

Tatsächlich, so nahe an einer Stadt wie Bozen, aber die älteste Burg Südtirols strahlt nur Ruhe aus, die Ausstellungsgegenstände ein typisches Messner-Sammelsurium. Unglaublich, wo dieser Mensch überall war. Seine Leidenschaft für das Sammeln muss fast gleichermassen ausgeprägt sein, wie diejenige für das Bergsteigen. Dutzende buddhistischer und tibetischer Relikte, kunstfertige Statuen stehen neben Bergsteigerutensilien. Kunstvoll gearbeitete Kanzeln aus rostigem Stahl verbinden sich farblich mit der in der Abendsonne rot leuchtenden Burg. Der Weltenbummler und Grenzgänger hat sich selber, aber auch der Welt Museen geschenkt, die allgemeingültigen Wert haben, ein Geschenk an die Menschheit. Eine Frage der Zeit, bis die UNESCO diese Hinterlassenschaft würdigt.

„Ohne mein ganzes Wissen über die Berge, welche ich während meines ganzen Bergsteigerlebens, auf meinen Reisen, Studien, auch als Autor Dutzender Bergbücher zusammengetragen habe, hätte ich die Museen nie realisieren können.“
Und das merkt man. Viele kleine Details offenbaren Fülle und Vielfalt. Da sind überall mal mehr, mal weniger versteckt, Aussagen, Zitate von Philosophen, Literaten und Bergsteigern angebracht, welche gedanklich anregen. Verschiedene Bergkulturen verbinden sich visuell zu einem globalen Netz. Wenn nicht Messner, hätte es wohl eine Heerschar von Wissenschaftlern und Instituten gebraucht, um ein solches Projekt zu realisieren – und wäre wohl weit weniger spannend geworden. An allen Ecken und Enden des Museums spürt man, dass hier die Liebe zu den Bergen und vor allem auch zu den Bergbewohnern ihren Ausdruck findet.

Messners Tugend: Hartnäckigkeit

Und dies, obwohl man ihm in den 15 Jahren des Aufbaus nicht immer wohlgesonnen war. Die damit verbundenen Ausschreibungen und Verpflichtungen haben alle – ausser Messner – abgeschreckt. „Wer diese Ausschreibung gewinnt, übernimmt die Verpflichtung, diese Burg mit eigenen Mitteln zu füllen, mit einem Thema, welches museal in Südtirol noch nicht abgehandelt ist und es 30 Jahre lang ohne jede Subvention zu betreiben.“ Heute danken ihm die Leute diese Hartnäckigkeit. „Die Politik und die Südtiroler stehen hinter den Museen. Das war nicht immer so. Aber die von mir geschaffene und dargestellte Realität hat die Menschen überzeugt.“

  • Berg-Philosophie
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  • Nietzsche & Natur
  • Dem Himmel nahe...

Nachhaltiger Bergtourismus

Letztlich geht es Messner auch um die kulturelle Unterfütterung eines nachhaltigen Bergtourismus. „Günther Aloys (Bem.: Schneekönig von Ischgl) sieht die Berge als Entertainmentpark, ich meine, wir und speziell die Bergbauern, müssen die Kulturlandschaft, in welcher der Mensch schon immer gelebt und gearbeitet hat, weiterhin pflegen. Diese Kulturlandschaft dürfen wir auch touristisch nutzen. Davon leben wir. Einheimische wie Touristen sollten sich des Verhältnisses von Berg und Mensch aber bewusster werden. Dazu habe ich meinen Beitrag geleistet. Ober- und ausserhalb dieser kulturell genutzten Landschaft müssen wir die Berge in Ruhe lassen, da sollen die Berge Wildnis bleiben. Am Ende geht es um Respekt und Demut gegenüber der Natur.“

  • Atemberaubend: MMM Corones Kronplatz
  • Aussensicht MMM Corones Kronplatz
  • Beeindruckende Architektur von Zaha Hadid
  • Innensicht MMM Corones Kronplatz
  • MMM Corones KRONPLATZ, Star-architektur von ZAHA HADID
  • Glasarchitektur Dolomites
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  • Dolomites mit Raum
  • SCHLOSS Ripa
  • SCHLOSS Juval
  • Ripa Schloss Bruneck
  • Black&White in MMM Bruneck

www.messner-mountain-museum.it

6 Messner Mountain Museen

CORONES (Kronplatz)
FIRMIAN (Bozen)
DOLOMITES (Passo Cibiana)
JUVAL (Einfahrt Schnalstal)
RIPA (Bruneck)
ORTLES (Sulden)

Daniel Chardon
Daniel Chardon

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