James Turrell. Ein Künstler wie ein stiller Donnerschlag. Schwer zu beschreiben, muss man erlebt haben, sagen Viele. Zwei Dimensionen sind schlicht zu wenig. Trotzdem hier der Versuch einer Annäherung. Der erste Künstler, der Licht zum Zentrum seiner Kunst erhob.

Kinder des Lichts
Schon früh faszinierte Turrell das Licht. Obwohl er doch so gar nichts mit seiner Quäker-Herkunft gemein haben will, er studierte Psychologie, beschäftigte sich mit Mathematik, Astronomie, kommt er doch einigen Begriffen sehr nahe. Quäker werden nämlich auch „Kinder des Lichts“ genannt. Seine Grossmutter sagte „Gehe in Dich, um das Licht zu begrüssen“.
Seine Annäherung begann mit Constable und Turner, Caravaggio, Velazquez. Er verkaufte sein unvollendetes Boot, um Goyas Caprichos zu erwerben.
Wie malt man mit Licht?
Das Malen und die Reflektion von Licht via eine Leinwand erschien ihm aber zu wenig. Er wollte das Licht selber zum Objekt und zum Inhalt machen. Aber Licht zu extrahieren oder zu mischen, ist viel schwieriger als mit Farbe und Pinsel.
Und so mietete er 1966-1968 ein leerstehendes Hotel in Santa Monica, verdunkelte die Räume und begann, mit kontrollierter Lichtführung zu experimentieren. Hier legte er das Fundament für sein Werk, indem er sich das Licht als formbares Material aneignete. Es entstanden die mittlerweile legendären Projektionen wie Carn Green und Sloan Red, bei denen sich das Licht als strahlender, geometrischer Körper im Raum manifestiert.
Master of Light
Das hatte die Welt noch nie gesehen und so wurde aus James Turrell der „Meister des Lichts“. Kaum ein Museum von Weltrang, das nicht ein „Exponat“ sein eigen nennen würde. 2013 verlieh ihm Präsident Obama die National Medal of Arts, die höchste Auszeichnung des Landes für Künstler.
In den fast 50 Jahren seines Schaffens realisierte der heute 75-jährige Künstler auf allen Kontinenten ein Gesamtkunstwerk, das öffentliche Räume gestaltete (u.a. Sky Lobby, Dornier Museum), private und öffentliche Skyspaces, Ganzfeld-Raumkunst, Hologramme, Tunnel-Lichtgestaltung, Dunkelräume oder Camera Obscura umfasst.
Dabei geht es ihm immer um das Sehen, um Wahrnehmung, deren psychologische Wirkung und letztlich um die Erkenntnis des bewussten Sehens, des „Sehens von sich selber“.
Sinneserfahrung Licht
Turrell: „ Licht ist nicht etwas, das andere Dinge erleuchtet, sondern eine Substanz, die sich selbst offenbart.“ Er gibt dem Raum Licht und baut zugleich Räume aus Licht. Die Räume sind nicht im herkömmlichen Sinne beleuchtet, sie sind von Licht und Farbigkeit erfüllt. Flächen, Farben, die Grenzen der Räume verschwinden. Es hat etwas von virtueller Realität, denn in einem Ganzfeld-Raum, so genannt die Räume, in denen er die Grenzen bewusst verschwinden lässt, sind wir plötzlich im Kunstwerk drinnen, Teil des „Raum-Bildes“. Das Medium Licht wird emotional erfahrbar, fast greifbar, zu einer sinnlichen Erfahrung.
Eins-Sein mit dem Himmel
Deshalb fühlen sich Menschen aus allen Kulturen von seiner Kunst angesprochen. Es ist etwas Archaisches in ihr, seine Skyspaces sind meditative Tempel. Indem er runde Räume ohne Konturen mit einer Öffnung zum Himmel versieht, holt er die Sterne und den Himmel herunter. Der Weltraum, die Sterne rücken näher. Dadurch, dass er die Öffnung mit raffinierten Lichtinstallationen, sich farblich ganz verändernden Farbvariationen umhüllt, transzendiert er innen und aussen. Die Farben ändern sich derart langsam, dass wir uns nicht mehr sicher sind, ob unser Auge uns etwas vortäuscht. Sehen wir es wirklich? Das einzig wirklich Fixe im Raum ist der vorüberziehende Nachthimmel. Noch nie fühlten wir uns dem Himmel so nahe. Ähnlich, wie wenn wir bei Sonnenaufgang auf einem hohen Berggipfel stehen. Genau dies wollte Turrell vermitteln. Deshalb spielen seine Lichtinstallationen in der Dämmerung. Sie kommt dem licht-erzeugenden Raumgefühl am nächsten.
Die Dämmerung gleicht auch dem Erwachen aus einem Traum, und genau dieses Lichtgefühl, das im Traum so real und doch nicht in das Erwachen transportierbar ist, wollte Turrell spiegeln. Und es ist ihm vielfach gelungen. Im Unterschied zum Gefühl im Grand Canyon, in dem wir uns klein und unbedeutend empfinden, suchte und fand er einen Weg, diese Erfahrung umzukehren. Den Kosmos näherzubringen, damit wir uns als Teil von ihm empfinden. Dieses Eins-Sein gibt den Menschen Kraft (empowering people) und hebt die Trennung zwischen Mensch, Natur und Kosmos (Raum, space) auf.
Roden Crater: Vulkanumbau als Lebenswerk
Sein Monumentalwerk, an welchem er seit über 40 Jahren baut, ist denn auch in der Natur, genauer in der Wüste von Arizona angesiedelt. Ein erloschener Vulkan namens Roden Crater wird zu seinem grössten Vermächtnis. So gross wie Manhatten und halb so hoch wie das Chrysler Building hat Turrell hier schon 1 Mio. m3 Erdreich bewegt, ein Grossteil unterirdisch, was viele seiner Projekte auszeichnet und optimal in die Natur einbettet. Durchaus pyramidale Dimensionen, Turrell bezieht sich denn auch auf den kulturellen Kontext des Himmels und eine spirituelle Dimension, welche auch Machu Pichu oder den Tempeln Yucatans eigen ist. „Ein Pharao zu sein, wäre durchaus hilfreich gewesen“. Resultat ist das wohl grösste Himmelsobservatorium, das die Welt gesehen hat. Er hat den Kraterrand eingeebnet, liess Stollen errichten, Kammern, Schächte und Öffnungen weisen zum Himmel, führen das Licht.
The Roden Crater project is Turrell‘s most ambitious project and is being constructed in a dormant volcano in the Painted Desert of northern Arizona, northeast of Flagstaff. James Turrell is transforming Roden Crater into a space whose art is as much in the light of space and objects as it is in the spaces created in the crater. It will be your perceptions and interactions with the space and the ever-changing nature of light created by the light of the sun, moon, stars and other celestial events that will drive the art. The Lifetime Project started in 1972.
Dem gegenüber stehen immer kleinere Werke wie das bei Häusler Galerie 2018 gezeigte Elliptical Glass, die auf kleinstem Raum ebenso magische Momente erzeugen. Die technologisch ausgereifteste LED-Technologie von heute (Feno) ermöglicht dies. Über 100 separat programmierte Bilder rufen grandiose optische Illusionen hervor. Unsere Kamera versagte ob der Unmöglichkeit von optischen Orientierungspunkten im Farbenmeer. Dem Kinderspital Zürich spendete er eine fast zwei Meter grosse solche Ellipse, welche das meditative Erleben auch tagsüber ermöglicht. Die lichttherapeutischen Nebeneffekte werden wir wohl erst in einigen Jahren von Studien bestätigt erhalten.
Skyspace in Lech und Zuoz
Sein neustes Werk wird notabene in Lech (nach Zuoz) zu bestaunen sein. Auf der Tannegg (1780m) ob Oberlech findet 2018 die Eröffnung des neuesten Skyspace statt. Der aus den Landschaftsinstallationen von Antony Gormley hervorgegangene private Verein Horizon Field hat es mit Hilfe vieler Sponsoren und Spender geschafft, einen von 35 Personen begeh- und erlebbaren Skyspace in dieser phänomenalen Berglandschaft zu platzieren. Erhabenheit und Spiritualität als neue Dimension einer Sportdestination.
WWW.HAEUSLER-CONTEMPORARY.COM
HÄUSLER CONTEMPORARY, 8006 ZÜRICH – 80539 MÜNCHEN
WWW.SKYSPACE-LECH.COM
SKYsPACE LECH, VEREIN HORIZON FIELD
WWW.FLORIAN-HOLZHERR.COM
FOTOS: FLORIAN HOLZHERR
WORDS Daniel Chardon
[…] Universitäts-Kinderspital Zürich lud den renommierten Künstler James Turrell ein, einen « Skyspace» zu entwickeln, der auf die besonderen Bedürfnisse dieses Ortes eingeht. […]
[…] von Kunst. Keith Haring, Salvador Dali – und der neuste Coup – ein Shallow Space von James Turrell. Wer mal erleben will, wie sich BADEN IM LICHT anfühlt, sollte sich dies nicht angehen lassen. Es […]
[…] und Sequenzen zu kombinieren. Ich wollte Licht nicht als Projektion oder Display verwenden, wie es Turrell oder Flavin tun – die ich übrigens sehr bewundere – sondern ich wollte […]